… sagt mein Schwager oft und meint: Wichtig ist, was am Ende rauskommt. Zur Bundestagswahl kommt die SPD sicher wieder mit ihrem Dauerbrenner „soziale Gerechtigkeit“ um die Ecke. Was sie darunter versteht, wissen viele Beschäftigte: ausufernder Befristungswahnsinn, Lohndumping durch Leiharbeit und Outsourcing, Niedriglohnsektor und Hartz IV. Auf Hartz IV ist die SPD sogar richtig stolz und subventioniert damit ausgerechnet die Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten lieber zum Sozialamt rennen lassen, als sie anständig zu entlohnen. Zugleich hat Hartz IV disziplinierende Wirkung auf die gesamte Belegschaft; Forderungen nach Lohnerhöhungen oder Mitbestimmung wurden verhaltener.
Heute sind wir damit konfrontiert, dass neben Nichtwählern ausgerechnet gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte zunehmend die AfD wählen. Schenkt man der GroKo Glauben, dann ging es den Menschen in unserem Land noch nie besser. Wenn ich so etwas höre, denke ich automatisch an eine Kollegin von H&M, die neben ihrem Vollzeitjob noch als Türsteherin arbeitet. Oder an eine Kollegin von der Pin AG, die mehr als 40 Stunden die Woche im Akkord zustellt, am Ende aber mit einem Nettolohn im dreistelligen Bereich abgespeist wird und aufstocken muss. Und ich denke an einen Kollegen in Leiharbeit in Sachsen-Anhalt, der sich nach der Hälfte des Monats krankschreiben lassen muss, weil er sich das Benzin nicht mehr leisten kann, um zu seinen Einsatzbetrieben zu fahren.
Wie wäre es 2017 also zur Abwechslung mal mit „konsequent links“ statt „sozialer Gerechtigkeit“ à la SPD? Noch nie gab es so viel (prekäre) Beschäftigung, deshalb muss Erwerbsarbeit und der Kampf für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen im Zentrum linker Politik stehen. Es ist richtig, dass wir über Arbeitszeit und deren Verteilung reden. Viele Menschen in Mini-Teilzeit wollen mehr arbeiten. Doch warum? Der reinen Arbeit wegen oder weil sie von ihrem Lohn in Mini-Teilzeit nicht leben können? Deswegen dürfen wir die Frage der Umverteilung von Arbeitszeit nicht von der Lohnfrage abkoppeln.
Kapitalismus ist nicht alternativlos. CDU, FDP und AfD sind die Interessen von abhängig Beschäftigten herzlich egal – sie machen daraus auch keinen Hehl. Wem Zutaten eines Brotes wichtiger sind als die Höhe des Lohns der Person, die einem dieses an einem Sonntag verkauft, wählt GRÜN. Als Betrieb & Gewerkschaft stellen wir den Interessengegensatz von Kapital und Arbeit immer ins Zentrum der Debatten in der Partei DIE LINKE. Auch, weil sich daran immer wieder neue gesellschaftliche Fragen festmachen lassen. Bei diesem Grundsatz müssen wir bleiben – das war immer die Stärke der Linken. Auch wir werden daran gemessen, was am Ende bei uns rauskommt. Wenn die Interessen von Beschäftigten nicht zentrale Agenda für DIE LINKE sind, dann haben wir ganz offensichtlich unser Klassenziel verfehlt – im wahrsten Sinne des Wortes.
von Jan Richter, Bundessprecher der AG Betrieb & Gewerkschaft